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Blackboard showing different formulas. Image source: Pixabay.com

Herleitung der Frequenzmerkmale


Eigenfrequenz eines Feder-Masse-Schwingers


Feder-Masse-Schwinger ohne Dämpfung

Die Basis des Feder-Masse-Oszillatormodells wird als raumfest betrachtet. In der Gleichgewichtslage sei x = 0. Die Masse sei m [kg] und die Federkonstante sei k [N/m].

Um die Bewegungsgleichung zu erhalten, bestimmt man alle statischen und dynamischen Kräfte. Die Gewichtskraft m·g  ist entlang x und zeitlich invariant und kann daher weggelassen werden.

Die durch die Beschleunigung auf die Masse wirkende Kraft ist .

Die zweite Kraft wird durch die Feder verursacht und ist k·x .

Für das Gleichgewicht der Kräfte schreiben wir also

mx ̈+kx=0

oder

x ̈+k⁄m x=0

Dies ist eine homogene Differentialgleichung.

Für die Lösung macht man den Ansatz

x(t)=Ce^αt

Die charakteristische Gleichung lautet

α^2+k/m=0

mit den Lösungen

α_1,2=± i √(k⁄m)
Skizze des ungedämpften Feder-Masse-Schwingers

Ungedämpfter Feder-Masse-Oszillator

Picture9A.png

Mit                                             finden wir für die Lösung der Differentialgleichung

x=A cos⁡(√(k⁄m)  ∙t)+B sin⁡(√(k⁄m)  ∙t)

A und B sind durch die Anfangsbedingungen gegeben. Wenn zum Beispiel die Auslenkung oder der Weg x  zum Zeitpunkt 0 gleich X 0 ist, dann folgt

x=X_0   cos⁡〖ω_0 t〗

Dies ist eine kontinuierliche, harmonische Schwingung mit der Frequenz ω₀. 

ω_0=√(k⁄m)

wird als Eigenfrequenz des Systems bezeichnet.


Feder-Masse-Schwinger mit Dämpfung

Wir fügen zur Dämpfung einen "Dashpot" mit dem Dämpfungskoeffizienten c hinzu.

Die Dämpfungskraft wird proportional zur Geschwindigkeit angenommen und wird somit c · .

Die Dimension von [c ] ist N/m/s oder kg/s. 

Die Summe aller Kräfte führt zu

mx ̈+cx ̇+kx=0

Hier ist es sinnvoll, die relative Dämpfung ζ einzuführen, die definiert ist als

ζ=c/(2√mk)=c/(2mω_0 )
Skizze des Feder-Masse-Schwingers mit Dämpfung

Feder-Masse-Schwinger mit Dämpfung

D.h. die Dämpfung c  ins Verhältnis zu m und ωgesetzt, die "2" ist ein willkürlicher Faktor.

Mit                            kann die Differentialgleichung geschrieben werden in der Form

ω_0=√(k⁄m)
x ̈+2ζω_0 x ̇+ω_0^2 x=0

Die Differentialgleichung ist wieder homogen und wir machen den gleichen Ansatz wie zuvor

x(t)=Ce^αt

Die charakteristische Gleichung lautet dann

α^2+2ζω_0 α+ω_0^2=0

mit den Lösungen

α_1,2=[-ζ±√(ζ^2-1)  ] ω_0

Für ζ = 0 erhält man wieder das Ergebnis für den ungedämpften Oszillator.
Uns interessiert hier aber der Fall eines schwach gedämpften Oszillators, also ζ < 1.

Der Wurzelausdruck wird dann negativ und die Lösungen der charakteristischen Gleichung lauten

α_1,2=-ζω_0±i√(〖1-ζ〗^2 )  ω_0

Sie sind konjugiert komplex
Die Gesamtlösung ist gleich der Summe der Einzellösungen und wird zu

x(t)=C_1 e^(α_1 t)+C_2 e^(α_2 t)

Wir setzen den Imaginärteil

√(〖1-ζ〗^2 )  ω_0=ω_D
x= e^(-ζω_0 t) (A cos⁡〖ω_D t〗+B sin⁡〖ω_D t〗 )

 und erhalten

A und B werden wiederum durch die Anfangsbedingungen bestimmt. Mit x (t=0)=0 zum Beispiel ist die Lösung

x= A∙e^(-ζω_0 t)  〖∙cos〗⁡〖ω_D t〗

Dies ist eine Sinusschwingung mit der Frequenz ωD und der Anfangsamplitude A.

Die Schwingungsfrequenz ωD  ist die gedämpfte Eigenfrequenz.

Man beachte, dass sie (abhängig von ζ ) geringfügig von ω0 der ungedämpften Schwingung abweicht.


Frequenzeigenschaften des seismischen Wandlers


Herleitung der Übertragungsfunktion

Im Gegensatz zu den obigen Ausführungen führen wir nun eine Bewegung u=g(t) der Basis ein. Damit zwingen wir den Oszillator zum Schwingen. Die Position der Masse m ist gegeben durch u + x .

Die Beschleunigungskraft wird daher

m∙(d^2 (u+x))/(dt^2 )

Für das Gleichgewicht der Kräfte (wir können die statische Gewichtskraft wieder weglassen) finden wir die Gleichung

m (d^2 (u+x))/(dt^2 )+c dx/dt+kx=0
m (d^2 x)/(dt^2 )+c dx/dt+kx=-m (d^2 u)/(dt^2 )

oder

〖ω_0〗^2=k/m   and    ζ=c/(2mω_0 )

Durch dividieren durch m und mit

sowie

erhalten wir die gleiche Differentialgleichung wie für die freie Schwingung, die nun aber durch den Term auf der rechten Seite inhomogen ist.

Skizze eines Feder-Masse-Schwingers bei erzwungener Schwingung

Feder-Masse-Schwinger unter erzwungener Schwingung

(d^2 x)/(dt^2 )+2ζω_0  dx/dt+ω_0^2 x=-(d^2 u)/(dt^2 )

Die Lösung besteht aus der Überlagerung der Lösung der homogenen Differentialgleichung mit einer partikulären Lösung der inhomogenen Differentialgleichung.
Daraus ergibt sich ein abklingender erster Teil, wie im Fall der freien Schwingung, sowie ein zweiter Teil, welcher der Anregung u=g(t) folgt.

Als Anregungsfunktion wählen wir eine harmonische Schwingung mit konstanter Amplitude

u= U_0  cos⁡ωt
du/dt= -ωU_0  sin⁡ωt
(d^2 u)/(dt^2 )= 〖-ω〗^2 U_0  cos⁡ωt

mit den Ableitungen                                   und

Die Differentialgleichung wird daher zu

(d^2 x)/(dt^2 )+2ζω_0  dx/dt+ω_0^2 x=ω^2 U_0  cos⁡ωt

Für die Lösung nehmen wir den Ansatz

x(t)= A cos⁡ωt+B sin⁡ωt

Durch Ableiten und Substituieren erhält man

[(ω_0^2-ω^2 )A+2ζω_0 ωB]  cos⁡ωt+[-2ζω_0 ωA+(ω_0^2-ω^2 )B]  sin⁡ωt=ω^2 U_0  cos⁡ωt

Ein Koeffizientenvergleich führt zu folgendem Gleichungssystem für A und B

■((ω_0^2-ω^2 )A+      2ζω_0 ω B=ω^2 U_0@  -2ζω_0 ωA+(ω_0^2-ω^2 )B=0      )

Die Determinante der Koeffizienten berechnet sich wie folgt:

∆ =(ω_0^2-ω^2 )^2+(2ζω_0 ω)^2

Die beiden Lösungen des Gleichungssystems werden zu

A=(ω_0^2-ω^2)/∆∙ω^2 U_0         B=(2ζω_0 ω)/∆∙ω^2 U_0

und daher

x(t)= A cos⁡ωt+B sin⁡ωt=(U_0 ω^2)/∆ [(ω_0^2-ω^2 )  cos⁡ωt+(2ζω_0 ω)  sin⁡ωt ]

Man transformiert

x(t)= A cos⁡ωt+B sin⁡ωt           x(t)=X_0  cos⁡(ωt-φ)

    in

Und man erhält für die Amplitude und den Phasenwinkel

▁(X_0 )=√(A^2+B^2 )=▁(ω^2/√∆∙U_0 )
〖▁(tan⁡φ )=B/A〗⁡=  (2ζω_0 ω)/(ω_0^2-ω^2 )=▁((2ζ ω/ω_0 )/(1-(ω/ω_0 )^2 ))

und damit das Endergebnis, die

allgemeine Übertragungsfunktion:

x(t)=ω^2/√((ω_0^2-ω^2 )^2+(2ζω_0 ω)^2 )∙U_0  cos⁡(ωt-φ)


Frequenzgang von Schwingweg (Ausenkung), Geschwindigkeit und Beschleunigung

Zur Vereinfachung und für vergleichbare Ergebnisse ist es besser, die Frequenzgang-Darstellung zu verwenden. Betrachten wir zunächst nur den Amplitudengang, dh das Verhältnis der Ausgangsamplitude zur Eingangsamplitude als Funktion der Frequenz.


Schwingweg-Frequenzgang

Immer noch mit der Ausgangsamplitude X0 und der Eingangsamplitude U0 erhalten wir aus der allgemeinen Übertragungsfunktion die Amplitudenantwort

X_0/U_0 =ω^2/√((ω_0^2-ω^2 )^2+(2ζω_0 ω)^2 )

Wir führen auch die dimensionslose, relative Frequenz ωR ein, d.h. die Anregungsfrequenz im Verhältnis zur Eigenfrequenz

ω_R=ω/ω_0

Dazu erweitern wir den Ausdruck des Frequenzgangs mit 1/ω0² um die (dimensionslose) Antwort-funktion der Auslenkung zu erhalten

Φ_d=X_0/U_0 =〖ω_R〗^2/√((1-〖ω_R〗^2 )^2+(2ζω_R )^2 )

Sowohl der Eingang U als auch der Ausgang X  in unserem obigen Modell sind Schwing-Wege und wir bezeichnen den Frequenzgang daher als

Schwingweg-Amplitudengang  Φd .

Das doppelt logarithmische Diagramm zeigt die Funktion für verschiedene Werte der relativen Dämpfung ζ .

Wir können sehen, dass für Frequenzen weit über der Eigenfrequenz das Übertragungs-

Graphische Darstellung der Auslenkungsamplituden-Frequenzgang

Auslenkungsamplituden-Frequenzgang

verhältnis 1 wird. Das bedeutet, dass wir in diesem Bereich die Übertragung der Auslenkung gleich eins zu eins ist. Nahe der Eigenfrequenz finden wir je nach ζ eine mehr oder weniger ausgeprägte Verstärkung mit einem Maximum bei der Resonanzfrequenz. Unterhalb der Resonanz geht die Kurve in eine Steigung von 40dB/Dekade über.


Beschleunigungs-Frequenzgang

Für den Frequenzgang mit einem Beschleunigungssignal als Eingang müssen wir die Eingangsfunktion zweimal ableiten.

(d^2 u)/(dt^2 )= 〖-ω〗^2 U_0  cos⁡ωt

Das negative Vorzeichen betrifft eigentlich den Phasenwinkel und wir könnten auch schreiben

(d^2 u)/(dt^2 )= ω^2 U_0  cos⁡(ωt-π)

Da uns die Phase nicht interessiert, können wir sie gleich Null setzen und erhalten für den

Beschleunigungs-Amplitudengang  Φa  :

Φ_a=X_0/U_A =1/〖ω_0〗^2 ∙1/√((1-〖ω_R〗^2 )^2+(2ζω_R )^2 )

Die Dimension der Funktion ist [s²], da wir

[Weg X / Beschleunigung Ü0 ] haben.

Graph showing acceleration amplitude response

Auslenkungs-Amplitudengang

Aufgrund der doppelten Ableitung kippt die Funktion nun auf die andere Seite. D.h. in Bezug auf die Beschleunigung finden wir eine direkte Übertragung im Frequenzbereich unterhalb der Eigenfrequenz, während wir für hohe Frequenzen eine Abschwächung von -40 dB pro Dekade feststellen.

Der Resonanzbereich sieht ähnlich aus wie die Auslenkungsantwort.


Geschwindigkeits-Frequenzgang

Schliesslich können wir die Verstärkungsfunktion mit einem Geschwindigkeitssignal am Eingang berechnen und darstellen, und erhalten so den

Geschwindigkeits-Amplitudengang  Φv .

Φ_v=1/ω_0 ∙ω_R/√((1-〖ω_R〗^2 )^2+(2ζω_R )^2 )

Die Funktion ist nun symmetrisch um die Eigenfrequenz (logarithmische Frequenz-Achse)

Die Dimension der Funktion ist

[Weg / Geschwindigkeit] = [s]

Diagramm mit Geschwindigkeits- Amplitudengang

Amplitudengang der Geschwindigkeit


Phasengang

Der Phasengang ist in allen drei Fällen, Schwingweg, Geschwindigkeit und Beschleunigung gleich:

φ⁡=  arctan⁡〖(2ζω_R)/(1-〖ω_R〗^2 )〗

Die Verschiebung der Phase durch die Resonanz darf nicht mit der Tatsache verwechselt werden, dass Auslenkung, Geschwindigkeit und Beschleunigung jeweils um π/2 versetzt sind.

Diagramm mit Phasenwinkel-Frequenzgang

Phasenwinkel-Frequenzgang


Resonanzfrequenz

In der Sensorik wird die Resonanz als Maximum der Ausgangsamplitude bei konstanter Eingangsamplitude definiert.

Daher erhält man angesichts der drei unterschiedlichen Amplitudengänge auch unterschiedliche Resonanzfrequenzen für Schwingweg, Geschwindigkeit und Beschleunigung. Man erhält die Werte, indem man die Funktion Φ ableitet und gleich 0 setzt.

Für die Beschleunigungsresonanz als Beispiel erhalten wir

(dΦ_a)/(dω_R )=1/〖ω_0〗^2 ∙(4ζ^2 ω_R-2ω_R (1-〖ω_R〗^2))/[(1-〖ω_R〗^2 )^2+4ζ^2 〖ω_R〗^2 ]^(3⁄2)

und wir finden die Null bei

ω_R=√(1-〖2ζ〗^2 )

So erhält man auf analoge Weise für die verschiedenen Resonanzfrequenzen:

Beschleunigungs-Resonanzfrequenz:

[ω_res ]_a=ω_0∙√(1-〖2ζ〗^2 )

Geschwindigkeits-Resonanzfrequenz:

[ω_res ]_v=ω_0

Schwingweg-Resonanzfrequenz:

[ω_res ]_d=ω_0∙1/√(1-〖2ζ〗^2 )


Wie kann es sein, dass man für ein und dasselbe physikalische Phänomen drei verschiedene Lösungen erhält?

Bei der Resonanzfrequenz absorbiert der Oszillator die maximale Leistung. Da die Leistung gleich Kraft mal Geschwindigkeit ist, wird dieses Maximum erreicht, wenn der Phasenwinkel des Ausgangssignals x gleich  π/2 ist. Dabei steigt die Amplitude des Systems kontinuierlich an, bis die Energieaufnahme mit dem Energieverlust durch Dämpfung im Gleichgewicht ist.
Das bedeutet, dass das physikalische Phänomen der Resonanz immer bei einem Phasenwinkel von π/2 liegt und dies ist immer bei ω= ω0 der Fall.
Um also die "richtige" (physikalische) Resonanz zu sehen, müssen wir die Geschwindigkeitsamplitude des Eingangssignals konstant halten . Wir stellen fest, dass dann die Resonanz bei ωliegt.
Bei konstanter Beschleunigung nimmt die Geschwindigkeitsamplitude mit sinkender Frequenz um den Faktor 10 pro Dekade zu. Das bedeutet, dass die eingebrachte Energie bei Frequenzen unterhalb von ωgrösser wird und sich daher die maximale Amplitude bei der Resonanz nach unten verschiebt.

Dasselbe, aber umgekehrt, gilt für konstante Auslenkung. Hier wird die Resonanz mit maximaler Amplitude nach oben verschoben.

Der seismische Wandler
Resonanzfrequenz
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