

Herleitung der Frequenzmerkmale
Eigenfrequenz eines Feder-Masse-Schwingers
Feder-Masse-Schwinger ohne Dämpfung
Die Basis des Feder-Masse-Oszillatormodells wird als raumfest betrachtet. In der Gleichgewichtslage sei x = 0. Die Masse sei m [kg] und die Federkonstante sei k [N/m].
Um die Bewegungsgleichung zu erhalten, bestimmt man alle statischen und dynamischen Kräfte. Die Gewichtskraft m·g ist entlang x und zeitlich invariant und kann daher weggelassen werden.
Die durch die Beschleunigung auf die Masse wirkende Kraft ist m· ẍ .
Die zweite Kraft wird durch die Feder verursacht und ist k·x .
Für das Gleichgewicht der Kräfte schreiben wir also

oder

Dies ist eine homogene Differentialgleichung.
Für die Lösung macht man den Ansatz

Die charakteristische Gleichung lautet

mit den Lösungen


Ungedämpfter Feder-Masse-Oszillator

Mit finden wir für die Lösung der Differentialgleichung

A und B sind durch die Anfangsbedingungen gegeben. Wenn zum Beispiel die Auslenkung oder der Weg x zum Zeitpunkt 0 gleich X 0 ist, dann folgt

Dies ist eine kontinuierliche, harmonische Schwingung mit der Frequenz ω₀.

wird als Eigenfrequenz des Systems bezeichnet.
Feder-Masse-Schwinger mit Dämpfung
Wir fügen zur Dämpfung einen "Dashpot" mit dem Dämpfungskoeffizienten c hinzu.
Die Dämpfungskraft wird proportional zur Geschwindigkeit angenommen und wird somit c · ẋ .
Die Dimension von [c ] ist N/m/s oder kg/s.
Die Summe aller Kräfte führt zu

Hier ist es sinnvoll, die relative Dämpfung ζ einzuführen, die definiert ist als


Feder-Masse-Schwinger mit Dämpfung
D.h. die Dämpfung c ins Verhältnis zu m und ω0 gesetzt, die "2" ist ein willkürlicher Faktor.
Mit kann die Differentialgleichung geschrieben werden in der Form


Die Differentialgleichung ist wieder homogen und wir machen den gleichen Ansatz wie zuvor

Die charakteristische Gleichung lautet dann

mit den Lösungen
![α_1,2=[-ζ±√(ζ^2-1) ] ω_0](https://static.wixstatic.com/media/200e00_e884ce854976470289157e54f6290962~mv2.png/v1/fill/w_207,h_36,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/Picture11.png)
Für ζ = 0 erhält man wieder das Ergebnis für den ungedämpften Oszillator.
Uns interessiert hier aber der Fall eines schwach gedämpften Oszillators, also ζ < 1.
Der Wurzelausdruck wird dann negativ und die Lösungen der charakteristischen Gleichung lauten

Sie sind konjugiert komplex
Die Gesamtlösung ist gleich der Summe der Einzellösungen und wird zu

Wir setzen den Imaginärteil


und erhalten
A und B werden wiederum durch die Anfangsbedingungen bestimmt. Mit x (t=0)=0 zum Beispiel ist die Lösung

Dies ist eine Sinusschwingung mit der Frequenz ωD und der Anfangsamplitude A.
Die Schwingungsfrequenz ωD ist die gedämpfte Eigenfrequenz.
Man beachte, dass sie (abhängig von ζ ) geringfügig von ω0 der ungedämpften Schwingung abweicht.
Frequenzeigenschaften des seismischen Wandlers
Herleitung der Übertragungsfunktion
Im Gegensatz zu den obigen Ausführungen führen wir nun eine Bewegung u=g(t) der Basis ein. Damit zwingen wir den Oszillator zum Schwingen. Die Position der Masse m ist gegeben durch u + x .
Die Beschleunigungskraft wird daher

Für das Gleichgewicht der Kräfte (wir können die statische Gewichtskraft wieder weglassen) finden wir die Gleichung


oder

Durch dividieren durch m und mit
sowie
erhalten wir die gleiche Differentialgleichung wie für die freie Schwingung, die nun aber durch den Term auf der rechten Seite inhomogen ist.

Feder-Masse-Schwinger unter erzwungener Schwingung

Die Lösung besteht aus der Überlagerung der Lösung der homogenen Differentialgleichung mit einer partikulären Lösung der inhomogenen Differentialgleichung.
Daraus ergibt sich ein abklingender erster Teil, wie im Fall der freien Schwingung, sowie ein zweiter Teil, welcher der Anregung u=g(t) folgt.
Als Anregungsfunktion wählen wir eine harmonische Schwingung mit konstanter Amplitude



mit den Ableitungen und
Die Differentialgleichung wird daher zu

Für die Lösung nehmen wir den Ansatz

Durch Ableiten und Substituieren erhält man
![[(ω_0^2-ω^2 )A+2ζω_0 ωB] cosωt+[-2ζω_0 ωA+(ω_0^2-ω^2 )B] sinωt=ω^2 U_0 cosωt](https://static.wixstatic.com/media/200e00_d22cda58df2f46b7883078125b6f23d6~mv2.png/v1/fill/w_581,h_30,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/Picture29.png)
Ein Koeffizientenvergleich führt zu folgendem Gleichungssystem für A und B

Die Determinante der Koeffizienten berechnet sich wie folgt:

Die beiden Lösungen des Gleichungssystems werden zu

und daher
![x(t)= A cosωt+B sinωt=(U_0 ω^2)/∆ [(ω_0^2-ω^2 ) cosωt+(2ζω_0 ω) sinωt ]](https://static.wixstatic.com/media/200e00_fde74aab099f480a89d2a882b148d9d6~mv2.png/v1/fill/w_528,h_45,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/Picture33.png)
Man transformiert

in
Und man erhält für die Amplitude und den Phasenwinkel


und damit das Endergebnis, die
allgemeine Übertragungsfunktion:

Frequenzgang von Schwingweg (Ausenkung), Geschwindigkeit und Beschleunigung
Zur Vereinfachung und für vergleichbare Ergebnisse ist es besser, die Frequenzgang-Darstellung zu verwenden. Betrachten wir zunächst nur den Amplitudengang, dh das Verhältnis der Ausgangsamplitude zur Eingangsamplitude als Funktion der Frequenz.
Schwingweg-Frequenzgang
Immer noch mit der Ausgangsamplitude X0 und der Eingangsamplitude U0 erhalten wir aus der allgemeinen Übertragungsfunktion die Amplitudenantwort

Wir führen auch die dimensionslose, relative Frequenz ωR ein, d.h. die Anregungsfrequenz im Verhältnis zur Eigenfrequenz

Dazu erweitern wir den Ausdruck des Frequenzgangs mit 1/ω0² um die (dimensionslose) Antwort-funktion der Auslenkung zu erhalten

Sowohl der Eingang U als auch der Ausgang X in unserem obigen Modell sind Schwing-Wege und wir bezeichnen den Frequenzgang daher als
Schwingweg-Amplitudengang Φd .
Das doppelt logarithmische Diagramm zeigt die Funktion für verschiedene Werte der relativen Dämpfung ζ .
Wir können sehen, dass für Frequenzen weit über der Eigenfrequenz das Übertragungs-

Auslenkungsamplituden-Frequenzgang
verhältnis 1 wird. Das bedeutet, dass wir in diesem Bereich die Übertragung der Auslenkung gleich eins zu eins ist. Nahe der Eigenfrequenz finden wir je nach ζ eine mehr oder weniger ausgeprägte Verstärkung mit einem Maximum bei der Resonanzfrequenz. Unterhalb der Resonanz geht die Kurve in eine Steigung von 40dB/Dekade über.
Beschleunigungs-Frequenzgang
Für den Frequenzgang mit einem Beschleunigungssignal als Eingang müssen wir die Eingangsfunktion zweimal ableiten.

Das negative Vorzeichen betrifft eigentlich den Phasenwinkel und wir könnten auch schreiben

Da uns die Phase nicht interessiert, können wir sie gleich Null setzen und erhalten für den
Beschleunigungs-Amplitudengang Φa :

Die Dimension der Funktion ist [s²], da wir
[Weg X0 / Beschleunigung Ü0 ] haben.

Auslenkungs-Amplitudengang
Aufgrund der doppelten Ableitung kippt die Funktion nun auf die andere Seite. D.h. in Bezug auf die Beschleunigung finden wir eine direkte Übertragung im Frequenzbereich unterhalb der Eigenfrequenz, während wir für hohe Frequenzen eine Abschwächung von -40 dB pro Dekade feststellen.
Der Resonanzbereich sieht ähnlich aus wie die Auslenkungsantwort.
Geschwindigkeits-Frequenzgang
Schliesslich können wir die Verstärkungsfunktion mit einem Geschwindigkeitssignal am Eingang berechnen und darstellen, und erhalten so den
Geschwindigkeits-Amplitudengang Φv .

Die Funktion ist nun symmetrisch um die Eigenfrequenz (logarithmische Frequenz-Achse)
Die Dimension der Funktion ist
[Weg / Geschwindigkeit] = [s]

Amplitudengang der Geschwindigkeit
Phasengang
Der Phasengang ist in allen drei Fällen, Schwingweg, Geschwindigkeit und Beschleunigung gleich:

Die Verschiebung der Phase durch die Resonanz darf nicht mit der Tatsache verwechselt werden, dass Auslenkung, Geschwindigkeit und Beschleunigung jeweils um π/2 versetzt sind.

Phasenwinkel-Frequenzgang
Resonanzfrequenz
In der Sensorik wird die Resonanz als Maximum der Ausgangsamplitude bei konstanter Eingangsamplitude definiert.
Daher erhält man angesichts der drei unterschiedlichen Amplitudengänge auch unterschiedliche Resonanzfrequenzen für Schwingweg, Geschwindigkeit und Beschleunigung. Man erhält die Werte, indem man die Funktion Φ ableitet und gleich 0 setzt.
Für die Beschleunigungsresonanz als Beispiel erhalten wir
![(dΦ_a)/(dω_R )=1/〖ω_0〗^2 ∙(4ζ^2 ω_R-2ω_R (1-〖ω_R〗^2))/[(1-〖ω_R〗^2 )^2+4ζ^2 〖ω_R〗^2 ]^(3⁄2)](https://static.wixstatic.com/media/200e00_c7ada3d4cc8f404b88b58ad511044b63~mv2.png/v1/fill/w_267,h_56,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/Picture46.png)
und wir finden die Null bei

So erhält man auf analoge Weise für die verschiedenen Resonanzfrequenzen:
Beschleunigungs-Resonanzfrequenz:
![[ω_res ]_a=ω_0∙√(1-〖2ζ〗^2 )](https://static.wixstatic.com/media/200e00_8be9311ea46a41b886e89a60c02cbb97~mv2.png/v1/fill/w_183,h_29,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/Picture48.png)
Geschwindigkeits-Resonanzfrequenz:
![[ω_res ]_v=ω_0](https://static.wixstatic.com/media/200e00_9d1f8917ca1e47bfaf22746b4f9a2924~mv2.png/v1/fill/w_103,h_25,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/Picture49.png)
Schwingweg-Resonanzfrequenz:
![[ω_res ]_d=ω_0∙1/√(1-〖2ζ〗^2 )](https://static.wixstatic.com/media/200e00_afe3e14b4d9f4db68f0add3e4ce1b9c3~mv2.png/v1/fill/w_182,h_50,al_c,q_85,usm_0.66_1.00_0.01,enc_auto/Picture50.png)
Wie kann es sein, dass man für ein und dasselbe physikalische Phänomen drei verschiedene Lösungen erhält?
Bei der Resonanzfrequenz absorbiert der Oszillator die maximale Leistung. Da die Leistung gleich Kraft mal Geschwindigkeit ist, wird dieses Maximum erreicht, wenn der Phasenwinkel des Ausgangssignals x gleich π/2 ist. Dabei steigt die Amplitude des Systems kontinuierlich an, bis die Energieaufnahme mit dem Energieverlust durch Dämpfung im Gleichgewicht ist.
Das bedeutet, dass das physikalische Phänomen der Resonanz immer bei einem Phasenwinkel von π/2 liegt und dies ist immer bei ω= ω0 der Fall.
Um also die "richtige" (physikalische) Resonanz zu sehen, müssen wir die Geschwindigkeitsamplitude des Eingangssignals konstant halten . Wir stellen fest, dass dann die Resonanz bei ω0 liegt.
Bei konstanter Beschleunigung nimmt die Geschwindigkeitsamplitude mit sinkender Frequenz um den Faktor 10 pro Dekade zu. Das bedeutet, dass die eingebrachte Energie bei Frequenzen unterhalb von ω0 grösser wird und sich daher die maximale Amplitude bei der Resonanz nach unten verschiebt.
Dasselbe, aber umgekehrt, gilt für konstante Auslenkung. Hier wird die Resonanz mit maximaler Amplitude nach oben verschoben.